Martin Schmitz Verlag

Das System Klaus Beyer

Darf ich vorstellen ..., der einzigartige Klaus Beyer: Wie eine unfreiwillige Kunstform zum System wird

Kerzenzieher, Filmemacher, Komponist und Poet – Universalkünstler sind heute selten geworden. Klaus Beyer, der geniale Dilettant aus Berlin darf indes zu ihnen gerechnet werden. Und sein Verleger Martin Schmitz stapelt nicht gerade tief: »Seine Fans nennen ihn liebevoll den Van Gogh des Heimkinos«.
Bekannt geworden ist Beyer mit seinen Beatles-Übersetzungen, Filmen und Coverversionen. »Hauptmann Pfeffer« oder »Laß es sein« heißen die stärksten Nummern des Trash-Virtuosen, der vor kurzem seine erste Ausstellung in der Galerie Engler & Piper in Berlin hatte - mit Zeichnungen, Fotokopien, Schattenbildern und Fotografien.
Frank Behnke, der Manager von Klaus Beyer, spürt in seinem Buch mit Hilfe prominenter Beyer-Fans wie Jörg Buttgereit, Detlef Kuhlbrodt und Christoph Schlingensief dem »System Klaus Beyer« nach. Frank Behnke: »Klaus Beyer nimmt einen unkalkulierbaren künstlerischen Antrieb ernst, ohne ihn als Auftrag zu mißbrauchen. So entsteht eine eigenständige, unfreiwillige Kunstform. Es ist wie bei einem großen Gemälde: Man muß einen Schritt zurücktreten, um sein System zu begreifen.«
Beyers Kunst ist im wunderbaren Sinne armselig: Da gibt es Selbstporträts unter der Showtreppe, Animationsfilme, handkolorierte Fotocollagen mit Beyer als Hauptperson – etwa der winzige Beyer, der in seinen eigenen Geldbeutel steigt, um sich einen Pfennig zu klauen. Es gibt die Albencover der Beatles-Variationen »Laß es sein« und »Hauptmann Pfeffers einsamer Herzen Club«, kleine Beatles-Figuren aus Gips und Pappe, Klaus Beyers Konzerttagebuch, seine Super-8-Filme nach Beatles-Liedern und Fotografien für Animationsvorlagen. Ein wunderbarer Irrsinn. Und beinahe alles entsteht in der Wohnung eines Mietshauses am Kottbusser Tor, in der Beyer seit 25 Jahren lebt.
Und was soll das alles? Für den Journalisten Detlef Kuhlbrodt ist der 1952 geborene Kreuzberger einer der unabhängigsten Künstler dieser Tage – und Schlingensief hält Beyer für ein besonders wertvolles Beispiel authentischen Künstlertums: »Ich glaube, daß du auch deshalb so einen Zuspruch erlebst, weil die Leute merken: Du bist Klaus Beyer und du spielst dich nicht.« Ob Lo-Fi-Kultstar, Sänger, fünfter Beatle oder Avantgarde-Filmer, das System Klaus Beyer bleibt auch nach der Lektüre so überraschend wie das CD-Cover von »Hauptmann Pfeffer«. Hunderte von Beyers stehen da dicht gedrängt hinter Peppers Combo. Herrlich!

Marc Peschke in: Junge Welt vom 27.6.2003
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“Die Ähnlichkeit ist verblüffend, selbst wenn es Zufall war, dass sich Klaus Beyer 1997 in Zürich beim Auftritt im "El Internacional" hat fotografieren lassen. Das Gesicht, die Haltung, kein Zweifel: So sah auch Hugo Ball aus,1916 im Cabaret Voltaire. "Gadji beri bimba", Verse ohne Worte, in eigenem Kostüm, hieß es damals auf dem Programmzettel zum 1. Dada-Abend. Klaus Beyer dagegen hat "Wein, Baby, wein" gesungen, "Erdbeerfelder für immer" oder auch "Glück ist ein warmes Gewehr". Weil er lieber Beatles-Lieder mag als Künstlermanifeste. Seit 1980 überträgt der 1952 geborene Berliner Entertainer Stücke von den Beatles ins Deutsche und singt sie zu Playbackbändern, die er sorgfältig aus Instrumentalpassagen der Originale zusammenstückelt. Für Songs, die ihm besonders gut gefallen, dreht er auch Super-8-Filme, die auf Independent-Festivals laufen und mitternachts manchmal auf MTV. Überhaupt ist Beyer mit seinen leicht derangierten Pop-Performances zur Kultfigur geworden, die "in zehn Jahren klassisch sein wird", wie sein Manager Frank Behnke in "Das System Klaus Beyer" erklärt.
Am Ende ist eher eine Sammlung aus "Kaffeekränzchengesprächen" (Schmitz) mit Beyer über sein Verhältnis zu Film, Kunst und den Beatles entstanden. Der Godzilla-Fan und Splatter-Filmemacher Jörg Buttgereit hält ihn für eine Art Andy Warhol, weil Beyer nicht auf Technik achtet und allein seiner künstlerischen Intuition folgt. Christoph Schlingensief mag an Beyer, dass er sein Ich nicht versteckt, denn "Du bist Klaus Beyer, und du spielst ihn nicht". Und Detlef Kuhlbrodt findet die Sofas in Beyers Wohnung toll, "alle sitzen auf der gleichen Höhe". So erfährt man viel über Liebhaber-Dilettantismus und den Dada des Kreuzberger Alltags. Auch wenn Klaus Beyer selbst gar nicht gerne über sein Leben als Glücksbote des Underground und die Bitternis der mittlerweile sechs Jahre andauernden Arbeitslosigkeit - er ist gelernter Kerzendreher - redet. Dafür koloriert er aber sehr schöne, schwarz-weiß kopierte Fotos, die auch in oben genanntem Buch zu finden sind."

Harald Fricke in: die tageszeitung Nr. 7069 vom 3.6.2003
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“Ist Klaus Beyer so jemand wie Andy Warhol? Oder nicht irgendwie auch ein bisschen so wie Helge Schneider – obschon dieser Vergleich im Buch nicht in Erwägung gezogen wird?. Und wenn, dann wäre Helge Schneider wohl eher so wie Klaus B. Aber wer ist Klaus Beyer überhaupt? Klaus Beyer macht Filme sowie Musik, schreibt Gedichte, ist gelernter Kerzenzieher und  Beatles-Songübersetzer und Beatles-Interpret. In den 80er Jahren tauchte er im Umfeld der Berliner Genialen Dilletanten auf, zu denen ja beispielsweise auch Die tödliche Doris zählte. Seine Filme waren auf der documenta zu sehen und auf MTV. Beyer hat seine eigene Version vom Beatles-Album Sgt. Pepper´s Lonely Hearts Club Band gemacht – mit selbstverständlich selbst eingedeutschten Texten und statt der die Beatles inspirierenden Berühmtheiten Marylin Monroe, Mahatma Gandhi und Bob Dylan finden sich auf dem ansonsten getreulich nachempfundenen Cover lauter Kläuse....
Ich bin ihm erst spät und auch dann nur akustisch begegnet – nämlich auf den diversen “Silke Arp bricht”-Samplern aus Hannover. Martin Schmitz, der bereits das grosse Klaus-Beyer-Beatles Buch herausgebracht hat, hat nun ein weiteres Buch über und mit Klaus Beyer veröffentlicht – das vom ehemaligen Mutter-Gitarristen Frank Behnke verantwortete “Das System Klaus Beyer”, das unter Mitwirkung des Filmemachers Jörg Buttgereit, des Journalisten und Filmkritikers Detlef Kuhlbrodt, des Film- und Theaterregisseurs Christoph Schlingensief und nicht zuletzt Klaus Beyers entstanden ist. Kaffeekränzchengespräche der og. Beteiligten wurden aufgezeichnet und grasen relevante Themen ab wie Kunst, Konzerte, Publikum, Anfänge, Tonband, Texte oder Zeit. Auszüge aus dem Tourtagebuch Klaus Beyers sind zu lesen, Songtexte sind abgedruckt; Fotos vom Künstler im Hauptmann Pfeffer-Kittel und neben der papierenen Yellow Submarine in der eigenen Wohnung runden den Eindruck ab von einem Künstler, der naiv – z.B. in seiner wortwörtlichen Übersetzung von Beatles-Texten erscheinen mag - und vielleicht auch ein wenig marottig, der aber schlussendlich und unter anderem auch genau damit sehr konsequent und mit viel Humor arbeitet. Behnkes Buch vermittelt z.B. einen Einblick in das vielfältige bildnerische Schaffen Beyers zwischen  Fotomontage, Trickfilm und Kolorierung und im Handumdrehen befinden wir uns in einer sehr eigenen und durchaus eigensinnigen, aber keinesfalls hermetisch verriegelten Welt – Klaus Beyer geht es zwar durchweg um die Umsetzung seiner eigenen künstlerischen Vorstellungen und Ideen, die er mit liebenswürdig bescheidenem Selbstbewusstsein vertritt, aber niemals würde er nach einer Szene schielen, sich in den Mittelpunkt drängeln oder seine Ansichten der Allgemeinheit als allgültig aufschwatzen – Beyer sagt nur was, wenn er was zu sagen hat und macht ansonsten möglichst einflussunabhängig, aber keinesfalls uninspiriert seine Kunst.
Und darum erscheint Beyer gerade auch in seiner Unbeirrbarkeit als ein höchst sympathischer und höchst interessanter Künstler und darum spricht auch das Foto in diesem Band, dass ihn mit dem ebenso eigenen US-Musiker Daniel Johnston zeigt, Bände, denn es spricht von einer künstlerischen Verwandtschaft. Die Biografie am Ende des Buches konkretisiert diesen Eindruck und spricht von Freundschaft. Frank Behnke, der Beyer managt, drückt das so aus: “Klaus Beyer ist ein Art-Brut-Künstler. Sein Trumpf ist, dass er nicht analysiert oder vergleicht. Er nimmt sich kein fremdes Beispiel für seine Arbeitsweise, sondern lernt ausschliesslich an sich selbst. Dabei hat er sein eigenes System der Selbstkritik, deshalb stagniert er auch nie. Vielleicht liegt seine Stärke auch darin, dass er kein erklärtes Ziel hat.”
Schliesslich entwickelte sich Beyer per Zufall – über die Kontakte einer Nachbarin - zu einem Künstler, von dem andere Notiz nehmen und vielleicht konnte das auch nur deshalb geschehen, weil, so erinnert sich Buttgereit, in den frühen 80ern so eine “Aufbuchsstimmung” war, “das Publikum war bereit, sich auf alles einzulassen. ... Die Leute waren dermaßen offen und neugierig, dass man machen konnte, was man wollte.” Daran darf man sich schon erinnern und ebenso daran, welche technischen Mittel damals zur Verfügung standen – weitaus unperfekter waren sie und haben viel mehr Improvisationstalent im Umgang verlangt. Viel Spass macht es auch, von den Anfängen in Film und Video oder bei Tonbandaufnahmen zu lesen und davon, wie alle keine Ahnung hatten, aber eben mal so und vielleicht mit der Hilfe eines Buchs experimentierten, ohne von technischer Perfektion beleckt zu sein.
Das vermittelt einiges über das Entstehen von Kunst und bricht ganz nebenbei auch mit machistischen Allwissenheits- oder Genialitätsansprüchen, wie sie sonst oft vertreten werden. Die von Behnke gewählten Formen des Gesprächs oder eben des Kaffeekränzchens funktionieren genauso und werden dem vielseitigen Künstler Klaus Beyer gerecht, weil sie unaufdringlich sind. Dazu vermitteln sie weitere Eindrücke darüber wie Kuhlbrodt, Buttgereit und Schlingensief ihr Gespräch gestalten und natürlich sagen sie auch etwas aus über die drei Herren, die uns in diesem rundum empfehlenswerten Buch das System Klaus Beyer umfassend näherbringen und uns heiter, staunend und neugierig auf weitere Kunstäußerungen zurücklassen.
Klaus Beyer, das möchte ich noch nachtragen, ist mittlerweile 50 Jahre alt und hat seine Arbeit als Kerzenwachszieher durch Kündigung verloren – seinem Chef war Beyers Kunst immer unsympathisch, weil sie Unruhe in den Betrieb brachte. Seit 2000 bringt Beyer jährlich eine deutsche Beatles-CDR heraus, er 2001 hat bei Schliengensiefs TV-Projekt “U-3000” mitgemacht, sein eigener Film “Die Ballade von Struppi”  lief 2002 erfolgreich auf sechs Filmfestivals und 2003 hat Klaus Beyer als DJ Premiere und erfüllt sich einen Traum und reist erstmalig nach San Francisco/USA.”

Tine Plesch für Radio Z, Nürnberg, Mai 2003
www.radio-z.net
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Klaus Beyer Beatles Buch

”...doch Beyers Anstrengungen zur Popularisierung der Musik der vier Briten dürften weltweit einmalig sein. Klaus Beyers gesamter künstlerischer Kosmos schwebt um die Lieder seiner Lieblingsband, den Beatles. Er hat nicht nur die Alben "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band", "Magical Mystery Tour", "Yellow  Submarine" und "White Album" komplett auf Super 8-Filme gebannt, sondern darüberhinaus an die hundert Lieder ins Deutsche übersetzt, und also da weitergemacht, wo die Beatles mit der 1964 erschienenen Single  "Komm, gib mir deine Hand/Sie liebt dich" höchstpersönlich aufgehört haben. Wie bei vielen Kreativen gab auch bei Klaus Beyer die Mutter den entscheidenen künstlerischen Startschuß. Da sie die englischsprachigen Lieder, die ihr Sohn den ganzen Tag über sang, nicht verstand, hat er angefangen, diese für sie in ihre und seine Muttersprache zu übersetzen. Und um die Songs noch verständlicher zu machen, hat er sie zusätzlich visualisiert und verfilmt. Die Vorführungen dieser Filme haben in Berlin schon Kultstatuts erreicht und auch Beyers Gesangsauftritte, wenn er zur Originalmusik seine Übersetzungen präsentiert, sind stets ausverkauft.”

Marc Degens in satt.org, 1996 www.satt.org/literatur/96_01_Beyer_1.html
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